Hauptsache gesund?  Der Glaube an die Machbarkeit einer von Krankheit freien Welt

Studientag am 20. Oktober 1997 in Stuttgart
(Diakonisches Werk
der evangelischen Kirche in Württemberg e.V.)

Wer zu Ende Oktober um ein theologisches Referat gebeten wird (ganz gleich, zu welchem Thema), ist gewiß gut beraten, wenn er sich von der Nähe zum Reformationsfest dazu einladen läßt, die reformatorische Theologie bewußt zur Grundlage seiner Ausführungen zu wählen. Dabei verstehe ich „Reformation“ im Sinne der alten Erkenntnis, nach der es bei ihr um einen nie abgeschlossenen Prozeß geht. Lateinisch sagt man: ecclesia semper reformanda, das meint: Kirche ist grundsätzlich eine Größe, die ständig eine stetige Rückbesinnung nötig hat. Allerdings: Wenn sie Reformation grundsätzlich und immer nötig hat, dann ist Kirche also grundsätzlich unfertig, bedürftig, hier und da vielleicht krank. Kurzum: Das Stichwort „Reformation“ soll unsere Blicke nicht auf die Zeit von vor 480 Jahren lenken, soll uns kein Anlaß sein, die alten Geschichten von Tetzels Ablaßhandel, also damalige innerkirchliche Krankheits-Symptome, zum abertausendsten mal zu wiederholen, vielmehr wollen wir von heute reden: Worin ist unsere Kirche erneuerungsbedürftig; wo sind wir in Gefahr, Irrwege zu gehen? Im Blick auf das Thema dieses Nachmittags wird Sie meine These nicht verwundern: Kirche und Theologie sind heute in der Gefahr, die Gesundheitsvergottung mitzumachen, die sich in unserer Gesellschaft zum Beispiel ausdrückt in dem häufig gebrauchten Wunsch: „Hauptsache gesund“; diese Gefahr ist nur zu bannen durch eine ehrliche Umkehr zur biblischen Botschaft, wobei Luthers Theologie uns wichtige Hilfen bieten kann.

Wer sich einmal mit der Geschichte der Reformation befaßt hat, weiß, daß für die Reformatoren Hand in Hand gingen: biblische Besinnungen, praktische Alltagsfragen, systematisch-dogmatische Streitfragen, kritische Blicke in die Kirchengeschichte und politische Impulse. Mein Vortrag möchte diese bunte Fülle ein bißchen übernehmen:

  • Einsetzen möchte ich im Alltag unserer Gemeinden und dem dort praktizierten Miteinander (oder Nebeneinanderher) von behinderten und nichtbehinderten Menschen. (Nebenbei: Ich komme beruflich her aus der Behindertenhilfe; aus diesem Bereich stammen meine Veranschaulichungen; die Übertragung auf andere diakonische Arbeitsfelder dürfte gewiß nicht schwerfallen.)
  • Dann werde ich die Thematik an unsere Theologie weitergeben.
  • Anschließen sollen sich Rückfragen an den Bibeltext.
  • Nötig wird dadurch ein Blick (oder auch mehrere) in die Kirchengeschichte; ich werde von Augustin und von Luther zu reden haben.
  • Zum Schluß soll noch einmal der Alltag zur Sprache kommen, wobei ich auch politische Fragen ansprechen möchte. – Aber nun der Reihe nach!

I)
Blicken wir auf den Alltag unserer Gemeinden! Niemand kann widersprechen, wenn beklagt wird, daß für behinderte Menschen nicht genug getan wird. Trotzdem möchte ich diese Kritik heute einmal nicht vertiefen, vielmehr frage ich: Geht diese berechtigte Klage überhaupt in die richtige Richtung? Denn sie setzt ja voraus: Wenn genug für Behinderte getan würde, wäre alles okay. Und das stimmt so nicht. Ich erzähle kurz von zwei Menschen, bei denen man lernen kann, daß das so nicht stimmt: von dem Theologie-Professor Eberhard Jüngel und von der alten Frau N. aus dem Volmarsteiner Andachtskreis.

Eberhard Jüngel schrieb einmal, das alte „suum cuique“ (zu deutsch: jedem das Seine) müsse auch in seiner aktiven Ausdeutung praktiziert werden. Das heißt: Es kann nicht genug sein, wenn jeder das zugeteilt bekommt, was er unbedingt braucht – damit könnte er Objekt unserer Versorgung bleiben; nein, er muß auch die Möglichkeit haben, selber die eigenen Anlagen und eigenen Begabungen aktiv in das große Miteinander seiner Gruppe, seiner Gemeinde, seines Staates einzubringen [1].

Frau N. sagte das gleiche sehr konkret. Frau K., eine nichtbehinderte Teilnehmerin des Andachtskreises, wurde nach einem Krankenhausaufenthalt freudig im Kreis begrüßt, woraufhin sie sagte: Das müßt ihr mir glauben, ich habe euch auch richtig vermißt. Damit hatte sie der über 80jährigen Frau N. ein wichtiges Stichwort geliefert. Sie sagte drei kurze Sätze, aber die hatten es in sich. (Noch einmal: Frau K. hatte gesagt: ich habe euch auch richtig vermißt. Und nun Frau N.:) Ist viel wert; wenigstens einer, der uns vermißt; ist ja nicht so rasch einer, der uns vermißt. – Ich konnte nur staunen und ihr und dem Kreis mein Staunen erklären: Wir Mitarbeiter haben das hohe Ziel, so fleißig für die Bewohner einer Einrichtung da zu sein, daß niemand die Pflegerin oder den Seelsorger, den Pädagogen oder die Ärztin „vermissen“ muß. Bei Frau N. lerne ich: es gibt auch den entgegengesetzten Blick. Frau N. weiß: auch sie ist jemand, den man möglicherweise vermissen kann. Nur, davon haben viele keine Ahnung: sie sorgen dauernd für uns, sie sind davon überzeugt: ohne die Nichtbehinderten würde den Behinderten vieles fehlen; aber kaum jemand gibt zu, daß auch den Nichtbehinderten ohne die Behinderten etwas fehlt. Frau K. hat das begriffen, sie sagt als Nichtbehinderte: ich habe euch vermißt. Ist viel wert; wenigstens einer, der uns vermißt; ist ja nicht so rasch einer, der uns vermißt.

Normalerweise sehen wir das anders, wir sehen ein Gefälle: Die einen sind wichtig, sie werden natürlich vermißt, wenn sie nicht da sind. Und die anderen? Man ist ja nett zu ihnen. Aber vermißt haben wir „die“ kaum jemals. – Was ist das für eine Arroganz! Woher kommt dieser Stolz auf sich und seinesgleichen und (als Kehrseite dieses Stolzes) die Verachtung der Schwächeren, der Hinfälligen, der körperlich Geschädigten? Wir nehmen sie ernst, sorgen für sie, völlig klar; aber sie sind uns kaum wichtig für unser eigenes Vorankommen. Woher kommt dieser Stolz?

Da mag es manche Wurzeln geben, ich nenne nur eine einzige. Ich behaupte: Unsere ständige Einstellung, in der wir sagen: „Hauptsache gesund!“ schafft dieses Gefälle, schafft die Kluft zwischen den Wichtigen und den anderen, auf die es nicht so ankommt. Denn wenn wirklich die Gesundheit die Hauptsache ist, dann ist ein Mensch, dem die Gesundheit fehlt, ein Mensch, dem die Hauptsache fehlt: Ist er eigentlich noch ein Mensch? Er gleicht einem leeren Briefumschlag: Auch einem Umschlag ohne Brief fehlt die Hauptsache. – Lassen Sie mich diese Kritik zuspitzen: Wir legen Wert darauf, besser zu sein als die Nazis, die mit ihrem Euthanasie-Programm viele Schwerstbehinderte umgebracht haben; damals sprach man von Menschenhülsen – man weigerte sich, diese schwer behinderten Menschen „Menschen“ zu nennen; sie sind nur Hülsen. Wie nennen Sie eine Hülsenfrucht, der sie die Früchte entnommen haben? Was haben sie in der Hand, wenn Sie eine Erbsenschote in der Hand haben, aus der Sie zuvor die Erbsen entfernt haben? Damit sind wir wieder beim leeren Briefumschlag. Kurzum: Unser Spruch „Hauptsache gesund!“ denkt bei Nicht-Gesunden im Schema „Menschenhülsen“. Unser Spruch „Hauptsache gesund!“ bahnt (wenigstens in unseren Köpfen und Herzen) der Euthanasie den Weg. Was können Sie mit leeren Briefumschlägen anfangen? Wer könnte leere Erbsenschoten vermissen?

Als Zwischenergebnis halte ich fest: Eine Gesellschaft, zu deren Grundüberzeugungen der Ausdruck „Hauptsache gesund!“ gehört, wird vielleicht keine Euthanasie praktizieren, vielleicht ist man sogar ausgesprochen freundlich zu behinderten Menschen; im Denken aber, in unseren inneren Schaltzentralen, kultivieren wir das, was ich seit Jahrzehnten eine Euthanasie-Mentalität nenne. Und eine Gesellschaft, die sich für eine solche Euthanasie-Mentalität erwärmt, kann kaum Widerstand entwickeln, wenn die Euthanasie auch wieder einmal praktiziert werden soll.

II)
Wenn ich nun, wie angekündigt, im zweiten Punkt die angesprochene Thematik an unsere Theologie weiterreiche, wird jeder hoffen und stark vermuten, daß es in der Theologie das genannte Gefälle zwischen Wichtigen und den anderen nicht gibt, daß Theologie stattdessen stets und ständig von dem großen Geschwisterkreis Jesu redet, in dem alle gleiches Recht und gleiche Würde haben. – Es gehört für mich zu den bedrückendsten Erkenntnissen der letzten Jahrzehnte auch diese: Unsere Theologie kennt beides. Auf der einen Seite die totale Weigerung, jenes Gefälle aufkommen zu lassen oder es zu fördern. Ich nenne nur einen einzigen Satz aus der Ökumene. Im Memorandum von Bad Saarow (1978) heißt es: „Eine Gemeinde ohne Behinderte gibt es nicht; wo die Behinderten fehlen, ist eine Gemeinde behindert“ [2]. Das heißt, ganz im Sinne der Frau N., der Gemeinde fehlt etwas, wenn die Behinderten nicht da sind. Nicht nur vermissen behinderte Christen unter Umständen die nichtbehinderten Christen; sondern die nichtbehinderten Christen sind keine vollständige Gemeinde, wenn die behinderten Christen nicht dabei sind. Eine solche Gemeinde wäre, um in einem Bild zu sprechen, das der Apostel Paulus benutzt, im Bilde vom „Leibe Christi“, eine amputierte Gemeinde, eine behinderte Gemeinde. Gut, daß es solche Sätze gibt, auch heutzutage gibt. Und da ich heute recht ausführlich auf die andere Seite zu sprechen komme, möchte ich Sie bitten, nicht zu vergessen, daß ich dieses Positive sehe, gesagt habe und keinesfalls unter den Teppich kehren will.

Aber nun die andere Seite. Durch viele Themen unserer Theologie schleicht sich die Ansicht, behinderte Menschen seien Sonder-Menschen, Menschen ja, aber nicht so wie Nichtbehinderte Menschen sind. Ich denke etwa an die Aussagen zur Schöpfung: Daß ein nichtbehinderter Mensch sagen darf: ich glaube, daß mich Gott so geschaffen hat, wie ich bin, das lernt er im kirchlichen Unterricht. Aber wenn ich auch als Rollstuhlfahrer sage: Ich glaube, daß Gott mich so geschaffen hat, dann erlebe ich von vielen Theologen Widerspruch. – Wir können das jetzt nicht alles durchspielen. Ich möchte mich auf eine Sache eingrenzen, auf die Auslegung der Heilungsgeschichten des Neuen Testaments.

In Kommentaren, Predigthilfen und sonstigen Schriften ist immer und immer wieder zu lesen: Jesus kämpfte gegen die Krankheiten wie gegen die Dämonen; Krankheit und Besessenheit will er vernichten; dazu und zum Predigen ist er gekommen, er hatte also zu beidem einen Auftrag – man spricht gern von Jesu Doppelauftrag. Wir werden gleich nachprüfen, ob unsere Bibel das wirklich so sagt. Vorab möchte ich die genannte Sichtweise ein bißchen entfalten. Was ist mit ihr behauptet?

Unter anderem dieses: Gott will die Behinderung also nicht; Behinderung ist vom Teufel (oder von seinen Trabanten). Das hieße: Der Behinderte ist bestenfalls halberlei in der Herrschaft Jesu, teilweise (vielleicht: zum größten Teil) gehört er unter die Fuchtel der Dämonen. Das wieder hieße: Es gibt zwei „Sorten“ von Menschen: die einen sind so, wie Gott sie will; die anderen sind so, wie Gott sie nicht will. Das hieße dann aber: Es gibt sehr deutlich das „Gefälle“, von dem eben die Rede war, ja wir müßten dieses Gefälle kraß benennen als „Apartheid“, als Spaltung in zwei Gruppen, diesmal nicht in Weiße und Schwarze, aber in Nichtbehinderte und Behinderte. Und das schließlich hieße (und damit komme ich zum schlimmsten Punkt): Solche Apartheid ist nicht nur etwas Ausgedachtes, von Menschen boshaft Konstruiertes, sondern sie ist eine Realität; sie gibt es nicht nur als menschliche Ungezogenheit, sondern sie ist eine in der Bibel vorgegebene Notwendigkeit: Apartheid zwischen Nichtbehinderten und Behinderten ist theologisch legitim, denn sie ist von Gott verordnet. Zugespitzt: Diese Apartheid wäre eine Gottesordnung.

Man hat mir in den letzten Jahren mehrfach vorgeworfen, meine Kritik sei zu hart, mein Wort Apartheid sei kraß überzogen. Lassen Sie mich sagen, was ich damit meine, und was nicht. – Denken Sie bitte an den Satz, den es in den dreißiger Jahren gab: „Deutsche, kauft nicht bei Juden!“ Eine Parallele zu diesem rassistischen Satz müßte lauten: Ihr Nichtbehinderten, meidet die Behinderten. Ich habe nie behauptet und werde voraussichtlich nie behaupten, daß es in der Theologie diesen oder einen ähnlichen Satz gibt. Aber es gibt andere Sätze, Parallelen zu dem (von mir jetzt erfundenen) Satz: „Deutsche, seid nett zu den Juden!“ Dieser Satz klingt freundlich, ist wohl auch freundlich gemeint; und dennoch bedeutet auch er eine Kränkung, denn er verweigert den Deutschen jüdischer Herkunft die Anerkennung, Deutsche zu sein. Es gab um 1930 zahllose deutsche Juden, für die das Bewußtsein, Deutscher zu sein, Vorrang hatte vor dem Bewußtsein, Jude zu sein. Darum müßte es richtig heißen: Deutsche arischer Herkunft, seid nett zu den Deutschen semitischer Herkunft (oder ähnlich). Aber der Satz: Deutsche, seid nett zu den Juden, spaltet das deutsche Volk in richtige Deutsche und in Undeutsche; da werden zwei Gruppen behauptet, da ist angeblich ein Gefälle, ein Riß, ein Graben. Und der bleibt bestehen, auch wenn ein „Deutscher“ einen „Juden“ zum Kaffee einlädt; da sitzen keine gleichberechtigten deutschen Menschen am Tisch, was sich etwa darin zeigt, daß die Thematik „Ehe zwischen »Deutschen« und »Juden«“ höflich umgangen wird, weil sie ja als „Rassenschande“ gilt. Man ist zwar nett, ganz sicher; und dennoch: Apartheid. – Genau das ist es, was es in der Theologie im Blick auf behinderte Menschen auch gibt. Natürlich werden Christen aufgerufen, nett und hilfsbereit zu behinderten Menschen zu sein. Aber solange gesagt wird, die einen seien so, wie Gott sie will, die anderen aber seien nicht so (sie sind in der Macht gegengöttlicher Kräfte), so lange können wir uns überschlagen in diakonischen Aktivitäten, der Graben bleibt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang einen weiteren Punkt markieren durch zwei ältere Zitate. In beiden geht es um die Frage, ob wir Christen, wenn wir uns den Schwächeren zuwenden, dadurch auf die Seite Gottes treten, der sich ja auch zu uns Menschen herunterneigte (das würde ein krasses Gefälle bedeuten: Gott und wir Helfer auf der einen, die Hilfsbedürftigen auf der anderen Seite), oder ob wir alle, Starke und Schwache, Behinderte und Nichtbehinderte, in gleichem Maße darauf angewiesen sind, daß Gott sich uns allen zuwendet – und wenn wir Menschen uns mitunter gegenseitig helfen, dann steht das – ohne jedes Gefälle – auf einem völlig anderen Blatt (möglich wird hier eine ehrliche Solidarität). Das erste Zitat stammt von Ernst Wolf [3]; in einem Text von 1962 sagt er, die Wörter „Nächstenschaft“, „Zuwendung an alle“ und „mitverantwortliche Solidarität“ seien zu verstehen als „der freie Nachvollzug der Selbsterniedrigung Christi“. Spüren Sie die gewaltige Stufe? Das, was wir Menschwerdung Gottes nennen, sein Herabsteigen, (mit dem theologischen Begriff:) seine Kondeszendenz, soll von uns „nachvollzogen“ werden. Bin ich wirklich so hoch, daß ich das leisten könnte? Und ist der andere wirklich so weit unten, daß ich das leisten müßte: eine gottähnliche „Selbsterniedrigung“, ohne die ich nicht auf die Ebene des Schwächeren gelange? – Zwei Jahre später sagte (mein Vikarsvater) Johannes Klevinghaus in einem Vortrag [4] (und ich habe leider noch nicht herausgefunden, ob er es bewußt im Gegensatz zu Ernst Wolf gesagt hat, mit dem er nachweislich theologisch im Gespräch war): „Wir sollten, wenn von unserer Diakonie die Rede ist, nicht von Kondeszendenz sprechen. Zum Heruntersteigen werden wir in der Schrift zwar oft ermahnt; es ist dann aber an eine vermeintliche Höhe gedacht, die wir verlassen sollen: ‚Haltet euch herunter zu den Niedrigen.‘ Da ist keine Kondeszendenz, da ist kein frommer Schein des Herabneigens und Herabsteigens. Da wird uns der Platz angewiesen, an den wir gehören. Da sind wir Kranke im gleichen Spital, Gebundene unter Mitgebundenen, in gleich schwerer Schuldverhaftung, in gleicher Verdammnis, haben teil an Not und Elend und rufen für uns selber mit den Herrn an, der im Elend unser Bruder wurde: ‚Herr, erbarme dich unser!‘ Vielleicht geschieht in solchem miteinander und füreinander gebeteten: ‚Herr, erbarme dich!‘ das wesentlichste Stück der Diakonie“.

Halten wir kurz inne, um den roten Faden nicht zu verlieren. Durch das „Hauptsache gesund!“ werden behinderte Menschen in unserer Gesellschaft zu Menschen zweiter Wahl, zu Menschenhülsen, auf die wir verzichten können (wir vermissen nichts und niemanden, wenn sie nicht da sind). In der Theologie gibt es (neben anderem) auch die Spaltung, die Apartheid, was sich in zwei Punkten zeigte: Nichtbehinderte und Behinderte stehen einander gegenüber als die, die körperlich so dran sind, wie Gott es will, und als die anderen, die so dran sind, wie Gott es nicht wollen kann. Und das andere: Wenn die Stärkeren sich den Schwächeren zuwenden, bedeutet das den „Nachvollzug der Selbsterniedrigung Christi“ (s.o.); auf der einen Seite also: Gott und die Starken, auf der anderen Seite die Schwachen (im Gegensatz dazu J.Klevinghaus: auf der einen Seite Gott, auf der anderen wir Menschen, Schwache und Starke). – „Wie sagt es die Schrift?“, muß nun unsere weitere Frage lauten.

III)
Gefälle oder nicht? Apartheid oder Solidarität? Wir schauen in die Bibel und fragen, wie gesagt, die Heilungsgeschichten des Neuen Testaments: was sagen sie zu unserer Thematik? Ich grenze die Frage noch einmal ein: Was predigt das älteste Evangelium in diesen Texten? Wie redet Markus von gesunden und kranken Menschen, von Behinderten und Nichtbehinderten? Fehlt einem Menschen die Hauptsache, wenn ihm die Gesundheit fehlt, oder kann ein Mensch die Hauptsache haben und trotzdem krank oder behindert sein? Und anders herum: Kann einem Menschen die Hauptsache fehlen, auch wenn er gesund ist?

Die Predigt des Markus ist eindeutig als Kreuzespredigt zu verstehen. Gottes Heil kommt nicht mit Glanz und Gloria; es ereignet sich da, wo Jesus am Kreuz qualvoll stirbt. Zugang zum Heil haben wir nicht als Starke, als religiös oder sittlich oder sonstwie Vorbereitete: Der heidnische Hauptmann kommt unter dem Kreuz Jesu zum Glauben, und die Jüngerinnen werden am offenen Grab von Zittern und Entsetzen gepackt. Zöllner und Dirnen sitzen mit Jesus am Tisch, und „die Guten“ wenden sich ab. Die Witwe legt einen einzigen Pfennig in den Opferkasten und gibt damit „mehr“ als die Reichen. Überall hat die Markus-Predigt diese gleiche Struktur: Gottes Sache kann niemals an dem abgelesen, durch das ausgewiesen werden, was wir positiv und günstig nennen; sie kann aber auch nicht durch das, was uns negativ erscheint, gefährdet oder widerlegt werden.

Die spannende Frage ist nun: Hält Markus seine Kreuzespredigt auch dann durch, wenn er von den Heilungen Jesu erzählt, oder ist in diesen Texten von Glanz und Gloria, von notwendig gesunder Muskulatur und von normalerweise intakten Organen die Rede; ist jetzt doch das Starke und Positive die Voraussetzung dafür, daß ein Mensch mit Gott in Ordnung ist?

Kein Zweifel: Markus hält seine Kreuzespredigt durch. Und zwar gelingt ihm das dadurch, daß er sorgfältig unterscheidet zwischen Krankheit und Besessenheit und dementsprechend zwischen Heilungen und Dämonenaustreibungen. Was immer man unter „Besessenheit“ zu verstehen hat, klar ist zweierlei: a) diese Menschen sind in der Gewalt eines Geistes, der die Sache Jesu stören will; b) wir dürfen hier auf keinen Fall an psychisch Kranke denken; denn psychisch Kranke sind krank; und Markus will Kranke ja gerade von Besessenen abheben; durch Krankheiten sieht Jesus seinen Auftrag keineswegs gestört, durch Besessenheit aber sehr.

Ein Beispiel für diese klare Unterscheidung: Markus 1,21ff. Da wird Jesus, der in der Synagoge zu Kapernaum predigte, von einem bösen Geist angebrüllt und gestört: Du bist gekommen, uns zu verderben! Recht hat er: Gott will tatsächlich nicht, daß Menschen ohnmächtig in der Gewalt unsauberer Geister sind. Diesen Menschen fehlt tatsächlich die Hauptsache: die Möglichkeit der freien Hinwendung zu Gott; diese Menschen sind in der Tat nicht so dran, wie Gott es will. Jesus hat den Auftrag (dazu ist er „gekommen“ – das sagt der böse Geist völlig korrekt), die Dämonen zu besiegen. So nimmt er den Kampf auf, er brüllt zurück; da ist es richtig laut geworden; Jesus bleibt Sieger, und die Menge staunt: Eine Lehre „in Vollmacht“, auch die unsauberen Geister müssen ihm gehorchen. – Unmittelbar nach der Dämonenaustreibung eine Heilung, unmittelbar nach dem Spektakel der Friede: Jesus und die Jünger sind im Hause des Petrus. Da liegt die Schwiegermutter des Petrus und hat Fieber. Keine Silbe davon, daß das Fieber Jesus anbrüllt wie der Geist eben. Hier wird es nicht laut. Markus sagt nicht einmal, ob Jesus überhaupt etwas gesagt hat: Er greift die Frau bei der Hand, richtet sie auf und sie kann für das Essen sorgen. Das Fieber war gewiß lästig; aber es störte nur die Erkrankte und nicht Jesu Auftrag; Fieber ist wirklich kein Reich-Gottes-Problem; und das gilt ebenso von Lähmung, Blindheit, Aussatz und anderen Krankheiten [5].

Sie merken gewiß, daß es mich geradezu fasziniert, wie  leicht es Markus wird, zwischen Krankheit und Besessenheit zu unterscheiden: Er erzählt einfach. Und indem er erzählt, wird der Gegensatz klar. Kranke und Behinderte werden auf diese Weise herausgenommen aus dem Getümmel der Dämonen-Arena, werden frei für eine ungehinderte Begegnung mit Jesus. Aber was machen die Ausleger daraus? Manche Auslegungen verwischen die bei Markus sauber gezogene Grenze zwischen Besessenheit und Krankheit fast völlig. Walter Grundmann zum Beispiel [6] unterscheidet zwar zunächst zwischen Exorzismen und Heilungen; dann aber sagt er dennoch von der Krankheit: Sie „erscheint als Wirkung der Macht des Bösen am Menschen, mit der Jesus den Kampf aufnimmt.“ Bei Wilfried Joest [7] werden Krankheit und Besessenheit durch das beide Größen zusammenfassende Wort „Leiden“ ununterscheidbar, wenn er sagt: Jesus „hat im Leiden die Macht des die Menschen knechtenden Feindes Gottes erkannt. Er ergrimmt über diese Macht. Er kämpft gegen das Leiden“. Auf dieser Linie kann dann Reinhard Turre [8] sagen: „Im Leiden begegnet uns ja das Böse, das überwunden werden muß, wenn der Mensch nicht verlorengehen soll.“ – Spüren Sie, wie hier, streng genommen, schon einem lästigen Schnupfen, ohne Zweifel aber jeder Lungenentzündung und jeder Krebserkrankung eine heilsgefährdende Bedeutung zuerkannt wird? Das hieße: Wenn das Leiden (sprich: das Böse!) nicht überwunden wird, geht der Mensch „verloren“. Dagegen kann angeblich der Schöpfer und der Erlöser nichts machen. Biblische Theologie sagt es anders: Dem qualvoll am Kreuz sterbenden Schächer wird das Heil zugesagt: Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein, sagt Jesus. Diese Heilszusage hat nicht die Überwindung des Leidens zur Voraussetzung, sondern sie bietet Schmerz und Schrei ein göttliches, ein schöpferisches, ein erlösendes Kontra. – Bei den genannten Autoren (und die Reihe ließe sich beliebig verlängern) bleiben Kranke und Behinderte (im Gegensatz zu Markus) in der Dämonen-Arena: Krankheit und Besessenheit sind angeblich in gleicher Weise Symptome „des“ Bösen, zu dessen Überwindung Jesus in unsere Welt kam.

Das Unglück solcher Nicht-Unterscheidung (von Krankheit und Besessenheit) müssen wir genauer in den Blick nehmen. Denn die Nichtunterscheidung führt notwendig zum Apartheids-Denken. Von den Besessenen wird nämlich dreierlei gesagt: a) Sie sind im Besitz gegengöttlicher Mächte – das kann Gott wirklich nicht wollen; b) es gehört zu Jesu Auftrag, sie aus der Herrschaft der Dämonen zu befreien; c) diese Befreiung, dieser Herrschafts-Wechsel, kann als Weltenwende, als Beginn des neuen Lebens, gefeiert werden. In neutestamentlichen Bildern: der Satan fällt vom Himmel; Jesus bricht in das Haus eines Starken ein, den er dann fesselt. Diese Bilder tauchen im Neuen Testament aber durchgängig nur da auf, wo von Besessenheit bzw. Dämonenaustreibung die Rede ist, niemals aber im Zusammenhang mit Fieber, Lähmung oder Blindheit. – Von Besessenen wird geredet als von Menschen, die durch Jesus noch nicht erlöst wurden; und jeder, der in der Erlösung durch Jesus das Wichtigste für einen Menschen sehen kann, wird sagen: diesen Menschen fehlt also die Hauptsache. Denn sie sind noch nicht, etwa durch die Taufe, unter seine gnädige Herrschaft getreten. Sie gehören noch zur „alten“ Welt, zu deren Überwindung Jesus gekommen ist. – Auch angesehene Neutestamentler beziehen die genannten der-Satan-fällt-vom-Himmel-Stellen aber auf Dämonenaustreibungen und auch auf Krankenheilungen. Und schon ist das Unglück passiert. Denn jetzt ist angeblich auch die Heilung eine Weltenwende, der Anfang des neuen Lebens für diesen Menschen. Schon haben wir wieder das Apartheids-Gefälle, die Kluft zwischen den einen und den anderen: Jetzt sind auch unheilbar Kranke nicht so, wie Gott sie will, sie gehören (trotz ihrer Taufe!) noch zur alten, unerlösten Welt, sie sind weniger erlöst als die Geheilten, als die Gesunden, bei denen die „Weltenwende“ angeblich schon stattgefunden hat.

Aber noch zu einem weiteren Text aus den ersten Markus-Kapiteln, zur Heilung des Gelähmten (Mk 2, 1-12)! Diese bekannte Geschichte dient heute als eine Art Standard-Beleg für die Behauptung: Jesus kämpfte gegen beides: gegen die Sünde (die Gottverlassenheit) und gegen die Krankheit. Tatsächlich sagt Jesus zu dem Gelähmten, der ihm vor die Füße gelegt wurde: Dir sind deine Sünden vergeben. Und nach einer Weile: Steh auf, nimm dein Bett und gehe heim. So scheint geradezu ins Auge zu springen: Innere und äußere Heilung gehören zusammen. Keins von beiden ist, für sich allein genommen, die Hauptsache. Aber beide Hilfen Jesu zusammen ergeben die „Hauptsache“, womit wir im Blick auf alle Nicht-Geheilten doch wieder in der Nähe des leeren Umschlags sind: der ist zwar nicht ganz leer, aber das Blatt ist der Länge nach durchgerissen, und wir haben nur die eine Hälfte, die ohne die andere keinen Sinn ergibt. Tatsächlich behauptet Martin Dibelius: Jesus behebt hier sowohl „die leibliche Gottverlassenheit der Krankheit“ als auch „die sittliche Gottverlassenheit der Sünde“ [9]. Trotz Taufe, trotz Sündenvergebung lebt ein Nichtgeheilter angeblich in der „Gottverlassenheit“, also (zusätzlich noch in einer anderen Weise, als man das von jedem Geheilten auch sagen muß) in der alten, nicht=erlösten Welt, wie wir es eben (mit Markus) im Blick auf die Besessenen sagten.

Gott sei Dank!, Markus erzählt eine total andere Geschichte. Dem Gelähmten sagt Jesus: Dir sind deine Sünden vergeben. Punkt, aus. Damit ist das Hilfehandeln Jesu zugunsten dieses Menschen beendet. Der hat, was ihm unbedingt nötig ist. Als einer, der von vier Männern geschleppt werden muß, darf er sich verstehen als im Frieden Gottes lebend. Er hat jetzt die ganze Hauptsache. Keine Spur davon, daß Jesus gegen die Lähmung gekämft hätte. Gekämpft hat Jesus offenbar, aber an einer anderen Front: Markus erzählt von den knurrenden Theologen: Die Schriftgelehrten denken: der lästert Gott, nur Gott darf Sünden vergeben. Daraufhin greift Jesus noch einmal ein und heilt den Gelähmten; aber was sagt er – und: was sagt er nicht? Jesus sagt nicht: Mit dem Zuspruch der Sündenvergebung habe ich eben ja nur den einen Teil meines Doppelauftrags erledigt, jetzt kommt der zweite Teil. Jesus sagt auch nicht: Diesem Menschen gab ich bisher erst die halbe Hauptsache, er hat natürlich die ganze nötig. Markus erzählt so, als brauche der Gelähmte überhaupt nichts mehr; die Schriftgelehrten haben etwas nötig. Jesus sagt: Damit ihr wißt, daß ich die Vollmacht zur Sündenvergebung habe, lasse ich jetzt diesen Menschen aufstehen. Den Schriftgelehrten, den damaligen Theologen, fehlte die Hauptsache. Sie hatten trotz Gesundheit und Klugheit noch keinen Zugang zu Jesus. Jetzt wird er ihnen eröffnet. Markus läßt offen, ob sie sich zurechthelfen ließen. Sogleich heißt es, daß alle Gott priesen; da nicht gesagt wurde, die Schriftgelehrten hätten sich zuvor aus dem Staub gemacht, könnte man annehmen, sie stimmten in das Gotteslob mit ein. Das läßt sich aber nicht sicher so sagen. Eindeutig ist jedoch: Bei der Heilung dieses Gelähmten ging es, so komisch das klingen mag, um einen Mangel der Schriftgelehrten und nicht um den des Gelähmten.

Noch deutlicher, als Markus es hier tut, kann man kaum sagen, daß die Gesundheit keineswegs die Hauptsache ist. So sehr der Gelähmte sich über seine Heilung gefreut haben mag, und so sehr Nicht-Geheilte verständlicher- und berechtigterweise mit Gott hadern mögen (Jesus hat die Berechtigung der Klage-Psalmen keineswegs bestritten [10]), Markus hat solche Heilungen total herausgenommen aus dem Kampf-Getümmel der Dämonen-Arena. Die Größen „blind oder sehend“, „gelähmt oder nicht“ stehen in Jesu Reich-Gottes-Botschaft auf einem völlig anderen Blatt als die Größen: „Heil oder Unheil“, „Segen oder Fluch“, „Friede Gottes oder Gottverlassenheit“. Immer rätselvoller wird mir, daß es in der theologischen Literatur überhaupt solche Begriffe geben kann wie „Gottverlassenheit der Krankheit“ (s.o.) oder „Krankheitsdämonen“ [11].

Aus alledem ergibt sich: Wir müssen der Gesundheitsideologie den Kampf ansagen. Die These: „Hauptsache gesund!“ ist eine Gotteslästerung. Theologie muß lernen, diese knechtende Behauptung nicht festzuzurren, sondern das befreiende Kontra des Markus selber zu begreifen und für alle verständlich zu entfalten. Nur: Kann sie das? Ist sie dazu in der Lage? Ist Theologie dazu frei genug? Oder ist sie im Bann schlimmer Traditionen, die ihr das Apartheidsdenken geradezu aufzwingen? – Sie merken: Ich leite über zu dem Teil, in dem wir in die Kirchengeschichte blicken wollen.

IV)
Wieder gehe ich von einem Beispiel aus: Etwa im Jahre 900 erzählt der Mönch Notker (ca 840-912) „von einem Bischof, der glaubt, gesündigt zu haben, weil er in der Fastenzeit Fleisch gegessen hat. Um diese Sünde zu büßen, verpflichtet er sich, die Kranken der Stadt zu pflegen, zu baden, zu versorgen. Während er nun dabei ist, einem Kranken den Bart zu scheren, bemerkt er, daß immer, wenn er den Bart auf der einen Seite abgenommen hat, er auf der anderen Seite wieder nachwächst. Das verwirrt ihn zutiefst. Er weiß es nicht zu deuten. Es fällt ihm auch auf, daß der Kranke besonders häßlich und mit vielen Eitergeschwüren bedeckt ist. Und plötzlich bemerkt er, wie ein Auge auf dem Hals des Kranken ihn anstarrt. Er fährt entsetzt zurück. Und in diesem Moment hört er die Stimme: »Dieses Auge hat immer auf dich geblickt, als du gesündigt hast.« Aus dem Kranken spricht der Teufel“; ich verdanke diese Geschichte dem Medizinhistoriker J.N.Neumann [12].

Hier mischt sich einiges ineinander. Reizen würde es mich, der Parallele zur heutigen Bußgeld-Praxis nachzudenken: Auch wer sich im allgemeinen nicht sozial betätigt, kann, wenn er etwas ausgefressen hat, zur Zahlung eines Bußgeldes verurteilt werden, das dann häufig an soziale Einrichtungen geht. So scheint unser Bischof mit Kranken normalerweise nichts „am Hut“ zu haben; aber als Bußübung bleibt ihm nichts anderes übrig. – Aber lassen wir das. Hinweisen möchte ich auf das Gemisch von Zuwendung und „Gefälle“ (s.o.). Das ist doch einiges: Der Bischof rasiert einen häßlichen, eitrigen Kranken; er geht hin zu ihm, scheut vor dem Hautkontakt nicht zurück (es fällt uns nicht leicht, uns Entsprechendes von heutigen Präsides und Bischöfen vorzustellen: stundenweise die Pflege Schwerkranker zu übernehmen). Aber untrennbar mit solcher Zuwendung verbunden ist das Wissen um einen unüberbrückbaren Abstand. Der Bischof läßt sich keineswegs mit seinesgleichen ein; der andere ist weit unter ihm, aus ihm spricht der Teufel, der Mißgebildete wird mit dem Bösen gleichgesetzt.

Diese Geschichte scheint mir typisch zu sein für das mittelalterliche Empfinden. Wir können sie deuten als einen Beleg für das, was man die thomistische Stufenleiter nennt. In der besonders von Thomas von Aquin (ca 1225-1274) geprägten Theologie wird alles, was es gibt, wie auf einer senkrechten Leiter von Werten angeordnet: Ganz oben haben wir das absolute Gute zu sehen, also Gott, ganz unten das schlimmste Verbrechen – sagen wir den Völkermord. Alles, was uns begegnet, ist auf einer bestimmten Sprosse dieser Leiter anzusiedeln. Und es ist völlig klar, daß ein Gesunder, besonders ein gesunder Bischof, eine hörere Sprosse besetzt als ein Kranker, zumal ein besonders häßlicher Kranker. Hier ist, was ich vorhin „Gefälle“ nannte, theologisch sauber geordnet. Und völlig klar: Die Werte-Leiter macht die freundliche Zuwendung keinesfalls unmöglich, aber Zuwendung ist jetzt eine Art „Kondeszendenz“: sie hat die gleiche Richtung wie die Menschwerdung Gottes: Vom himmlischen (oder Himmel-nahen) Oben senkrecht nach unten zu den Verlorenen.

Das thomistische Werte-Denken will ich jetzt nicht weiter vertiefen, weil ich auf eine andere, mit ihm verwandte, Sache ausführlich eingehen möchte. Es gibt, lange Jahre vor Thomas, einen geradezu schaurigen theologischen Gedankengang, der das Denken und Empfinden der folgenden Jahrhunderte (vermutlich bis heute) nachhaltig geprägt hat. Von ihm aus ist zum Beispiel auch jene Geschichte über den pflegenden Bischof zu verstehen; verstehbar wird plötzlich aber auch das, was ich zur heutigen Theologie aufzeigte: die weit verbreitete Nichtunterscheidung zwischen Besessenen und Kranken. – Aber der Reihe nach.

Der eben erwähnte Medizinhistoriker J.N.Neumann geht der Frage nach, woher die behindertenfeindlichen Impulse unserer Gesellschaft stammen, und welche Rolle dabei möglicherweise die Theologie spielte [13]. In diesem Zusammenhang berichtet er über eine Auslegung der Noah-Geschichte durch Augustin. (Ich muß eben einfügen: Vielleicht geht das Schlimme, wovon sogleich die Rede sein wird, noch nicht insgesamt auf Augustin zurück, sondern gestaltete sich erst im Anschluß an Augustin bei seinen Schülern – aber das muß heute am Rande bleiben.) Die Frage entstand: Sind Mißgestaltete bzw. Behinderte eigentlich noch Menschen? Diese Frage wurde von Augustin (354-430) und in der durch ihn geprägten Theologie eindeutig bejaht: Alle behinderten und mißgestalteten Menschen stammen von Adam ab. Sie stammen natürlich auch von Noah ab, dem einzigen, der mit seiner Familie die Sintflut-Katastrophe überlebte. Aber jetzt wird’s schlimm. Noah hatte bekanntlich drei Söhne, von denen er zwei segnete, Sem und Japhet, den dritten aber verfluchte er, den Bösewicht Ham. Und Augustin (bzw. seine Schüler) behaupten nun: die Behinderten stammen von diesem Ham ab, von dem Verfluchten, dem wegen seiner Bosheit Verfluchten. – Wen wundert es noch, wenn dann aus dem häßlichen Kranken, während der Bischof ihn rasiert, plötzlich „der Böse“ spricht? Wen wundert es, daß auf der thomistischen Werte-Leiter der rasierende Bischof relativ weit oben zu stehen kommt, während der häßliche Kranke etliche Stufen weiter unten, in Richtung „Verbrechen“, anzutreffen ist? (Ich behaupte natürlich nicht, daß diese Werte-Leiter auf die Ham-Theorie zurückgeht; ich weise nur hin auf eine verwandte Anordnung und Einteilung der Menschen.)

Nun aber zur heutigen Theologie: Die genannte Ham-Theorie hat Theologie und andere Wissenschaften, Kunst und Literatur während des Mittelalters intensiv geprägt. Sie gehört also, auch wenn wir das nicht mehr wissen, mit zu den Traditionen, die wir immer noch unbewußt mit uns herumschleppen. Und damit erklärt sich einiges: Jene Nichtunterscheidung zwischen Besessenen und Kranken, die zur Apartheidstheologie führt, ist, wie wir sahen, in keiner Weise zu verstehen von dem her, was Markus aufgeschrieben hat. Sie wird aber restlos plausibel von Augustins Ham-Theorie her: Wenn tatsächlich Gesunde und Kranke, Nichtbehinderte und Behinderte einander gegenüberstehen wie die gesegneten Japhet und Sem ihrem verfluchten Bruder Ham gegenüberstanden, dann ist da ein klares Gefälle, dann gehören Kranke und Behinderte (wie Besessene) auf die Seite des Bösen, dann müssen sie noch erlöst werden, dann gehört zu Jesu Auftrag, alles Böse zu bekämpfen, auch der Kampf gegen alle Krankheiten dazu, dann beginnt für einen geheilten Kranken tatsächlich die neue Welt. (Wenn ich diese sehr ernste Sache einmal salopp ausdrücken darf: Offensichtlich haben manche Theologen bei ihrem ehrlichen Bemühen, der Markuspredigt zuzuhören, einen „kleinen Mann im Ohr“, nämlich den sogenannten „heiligen Augustin“ mit seiner zweifellos unheiligen Ham-Theorie.)

Ich bin mir klar darüber, daß meine These, die ich soeben entwickelte, eine schlimme Diagnose bedeutet. Und Sie können mir glauben, daß ich über ihre Wucht selber immer neu erschrecke. Ich fasse sie noch einmal zusammen: In unserer evangelischen Theologie stehen zahlreiche Aussagen über kranke und behinderte Menschen (ebenso über die Bedeutung von Heilung und Gesundheit) in krassem Widerspruch zum Bibeltext, sie stehen jedoch in harmonischer Übereinstimmung mit der völlig unbiblischen Ham-Theorie Augustins. Damit aber wird die in unserer Gesellschaft lebendige Euthanasie-Mentalität theologisch gestützt und untermauert.

Unsere Theologie ist also dringend einer Reformation bedürftig. Und zwar nicht nur, weil sie die üble Ham-Interpretation und damit die Gleichsetzung von Behinderung und Bösem und damit die Nichtunterscheidung von Krankheit und Besessenheit fleißig tradiert, sondern auch darum, weil sie offenbar nicht erkennt, daß Luthers Kreuzestheologie uns befreien könnte sowohl von der thomistischen Stufenleiter als auch von der Ham-Theorie und ihren schlimmen Folgen, so daß wir zurückfinden könnten zur Befreiungstheologie des Markus.

Martin Luther (1483-1546) setzt ein beim Kreuz Jesu, wodurch sich seine Theologie aber keineswegs verfinstert; im Gegenteil: von Golgatha her gewinnt Luther eine unglaubliche Kühnheit. Denn im Kreuz Jesu erkennt er die Umwertung aller Werte: Die schmachvolle Niederlage Jesu ist sein Sieg über Sünde, Tod und Teufel. Von Golgatha aus wird erkennbar: Gelogen hat jeder, der Schmerz und Geschrei dem Teufel, Triumph und sichtbaren Sieg aber Gott zuordnet. Nein, Gott war im Sterben Jesu der Siegreiche, seine Kraft kam in der Schwachheit zur Vollendung (vgl. 2. Kor 12,9), und die vermeintlichen Sieger waren die Verlierer [14].

Daß Luther hier nicht nur von Golgatha redet, sondern von Golgatha aus die gesamte Theologie neu gestaltet, möchte ich durch zwei Zitate andeuten. In einer Predigt [15] sagt Luther: Zu Weihnachten benahm sich Gott wie ein schlechter Maler. Der sagt, er wolle eine Kuh malen, aber wenn das Bild fertig ist, denkt jeder: das sieht aus wie ein Pferd. Also muß der Maler drunterschreiben: „Kuh“; dieses Wort ist gültig, auch wenn das Bild nach etwas anderem aussieht. So kündigt Gott durch seine Propheten den Retter der Welt an, und dann – liegt da ein Wickelkind im stinkigen Stall; Gott „vermalt“ seinen Heiland in ein Krippenkind. Also muß er das Wort drunterschreiben bzw. durch seinen Engel aussprechen lassen: Euch ist heute der Heiland geboren. – Das ist Kreuzestheologie: Dem Anschein zum Trotz dem Wort glauben: Das armselige Kind ist der Gottessohn. Spüren Sie die Nähe zu Markus? Der von vier Männern getragen werden muß, ist im Frieden mit Gott – schon, bevor er zum Laufen kam. Das soll Friede sein?, wird jeder fragen, der seinem Glauben nicht zutraut, den Augenschein „Lüge“ zu nennen. Ja, das ist Friede, könnte jeder sagen, der gelernt hat, in der Niederlage Jesu Gottes Sieg zu glauben.

Das andere Zitat stammt aus Luthers großem Galater-Kommentar: „Gott will unter der Larve“ (unter der Maske, in der Verstellung, im Kostüm, in der Rolle oder Verkleidung) „des Teufels erkannt werden“ [16]. Luther denkt nicht daran, auf Golgatha lustige Lieder zu singen. Wer uns heutzutage weismachen will, die Kreuzestheologie Luthers oder des Neuen Testaments weise masochistische Züge auf, der hat die Kreuzestheologie in geradezu abenteuerlicher Weise mißverstanden. Nein, Schmerz tut weh, Geschrei ist schlimm; bei vielem denkt und empfindet jeder von uns (auch wenn er ‚Martin Luther‘ heißt): hier haben wir’s aber nun wirklich mit dem Teufel zu tun. Und trotzdem – ich nannte es eben schon eine unglaubliche Kühnheit: trotzdem wagt Luther zu sagen (von dem her zu sagen, was er im Kreuz Jesu erkannt hat): das sieht nur aus wie Teufel; auch wenn es zuweilen teuflisch weh tut, kann es dennoch das sein, was Gott uns als Segen zugedacht hat. Das Böse, das, was jeder denkende, fühlende, lebenserfahrene Mensch als das Böse ansieht, kann in Wahrheit das Gute sein. Alles hängt hier am Kreuz. Ohne das Kreuz Jesu wäre Luthers Kühnheit eine unverantwortliche Tollkühnheit. Aber wenn wir auf Golgatha Gottes Sieg glauben dürfen, dann dürfen wir auch glauben, daß der von Vieren Getragene im Frieden Gottes ist; dann dürfen wir glauben, daß der entstellte Kranke Gott genau so nahe ist wie der ihn rasierende Bischof; dann dürfen wir kühn davon ausgehen, daß die schöne thomistische Werteleiter nur ein gut durchdachter Aberglaube ist. Luther legt die senkrechte Werteleiter quer auf die Erde; damit werden die Werte wieder irdische Werte, ohne jede pseudobiblische Überhöhung, ohne jede Aussage über größere oder geringere Nähe zu Gott. Krankheit und Gesundheit sind, von unserem Nervenkostüm, unseren Wünschen, Hoffnungen und Ängsten aus, krasse Gegensätze; aber in Gottes Haushalt sind sie völlig gleichrangig. Die Gesundheit hat so wenig mit dem Guten, mit Gottes Segnen oder seiner Gnade zu tun wie die Krankheit mit dem Bösen, mit Gottes Verfluchen oder seiner Ungnade zu tun hat.

Das ist das Ende des Gefälles, das Ende der Apartheid. Kreuzestheologie macht solidarisch. Hier stehen Stärkere und Schwächere nebeneinander, auf der gleichen Ebene. Sie werden einander helfen, wenn sie da sind; sie werden einander vermissen, wenn sie nicht da sind; sie leben, wie J.Klevinghaus sagte, „im gleichen Spital“. Die Hauptsache ist für beide, sich dem uns allen gnädigen Vater im Himmel anzuvertrauen. Die Aufgabe ist für beide, sich gegenseitig zu dienen, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der bunten Gnadengaben unseres Gottes (vgl. 1. Petr 4,10).

V)
Angekündigt hatte ich, zum Schluß noch einmal auf unseren Alltag und auch auf politische Fragen zu sprechen zu kommen. Da können jetzt Andeutungen genügen, weil ich meine These bereits genannt habe. Etwas beiläufig sagte ich eben: Durch unsere Abhängigkeit von der Ham-Theorie werde die in unserer Gesellschaft lebendige Euthanasie-Mentalität theologisch gestützt und untermauert.

Denken Sie an die Pränataldiagnostik, die man gewiß ohne Übertreibung eine Treib-Jagd auf geschädigte Embryonen nennen muß. Denken Sie an die Diskussion um Wachkoma-Patienten: soll man deren Ernährung nicht einstellen (vielleicht sind die Organe ja noch für Transplantationen brauchbar)? Denken Sie an die Überlegungen zur aktiven Euthanasie, insgesamt an die sogenannte Singer-Debatte: ist es nicht besser, schwerstbehinderte Säuglinge zu töten? Ausführlich zur Sprache kommen müßte jetzt die Bioethik-Konvention, in der für Europa verbindlich geregelt werden soll etwa, unter welchen Voraussetzungen an Personen, die nicht einwilligen können, fremdnützige Forschung betrieben werden darf (Forschung also, die demjenigen, an dem geforscht wird, nicht helfen kann – aber die Wissenschaft käme vielleicht weiter).

Bei diesen Fragen sind die Kirchen merkwürdig zurückhaltend; als der Buß-und-Bettag abgeschafft wurde (nein, stimmt nicht; kein einziger Gottesdienst wurde verboten; der Tag wurde nur abgeschafft als staatlich anerkannter Feiertag), da gingen die Wogen wesentlich höher. Warum sind die Kirchen da, wo es um die Lebensrechte der Schwächsten geht, weniger laut? Könnte die Antwort bei der Ham-Theorie liegen? Eine Kirche, deren Theologie jede „stinknormale“ Behinderung in die Nähe „des Bösen“ rückt, eine Theologie, die zwischen Krankheit und Besessenheit zu unterscheiden verlernt hat – müßte sie sich nicht sogar freuen, wenn heutige Wissenschaft der Utopie nachjagt, Krankheiten auszumerzen, ein „Europa der Gesundheit“ (so in einem Straßburger Papier von 1988 [17]) zu schaffen? Um es zuzuspitzen: Müßte eine Theologie, die Jesus ständig gegen Krankheiten kämpfen sieht, die Bemühungen der Bioethiker nicht geradezu als Jesus-Nachfolge zustimmend interpretieren?

Vorhin ließ ich die Frage offen, was unter Besessenheit zu verstehen sei. Kommt jetzt vielleicht doch eine Antwort in den Blick? Ich bin davon überzeugt, daß Blindheit, Fieber und Lähmung nicht auf gottwidrige Kräfte zurückzuführen sind. Ich halte es aber durchaus für möglich, daß diese Behauptung, Krankheiten seien auf gottfeindliche Mächte zurückzuführen, daß dieser Satz wirklich dämonischen Ursprungs ist. Denn dieser Satz stört die Sache Jesu erheblich, seine befreiende Zusage an unheilbar Kranke, an behinderte Menschen und ihre Angehörigen, im Frieden Gottes zu sein, die „ganze Hauptsache“ zu haben. Könnte es also sein, daß es bei den „Besessenen“ nicht um Menschen in irgendwelchen Anstalten geht, sondern zum Beispiel um Menschen in theologischen Studierstuben, daß es also um uns geht? Könnten Theologie und Kirche also teilweise besessen sein, gebunden, gefangen in diesem total unbiblischen Hirngespinst, Krankheiten seien ein Teil „des“ Bösen?

Eingangs sagte ich: Reformation ist ein stetiger Prozeß. Wie dieser Prozeß heute aussehen müßte, können Gesellschaft, Kirche und Theologie möglicherweise von behinderten Menschen lernen. Schwer behinderte Menschen müssen eine trügerische Hoffnung bewußt aufgeben, die Hoffnung nämlich, irgendwann im Laufe dieses Lebens die Behinderung los zu sein. Solange der Rollstuhlfahrer hofft, irgendwann wieder gehen zu können, ist jeder Tag ein Negativ-Tag: ich konnte heute noch immer nicht gehen! Ich muß diese Hoffnung aufgeben, nicht aus Resignation, im Gegenteil: um Mut entwickeln zu können; nur so kann der einzelne Tag im Rollstuhl ein sinnvoller, ein normaler, ein guter Tag werden, der sich tatkräftig gestalten läßt. – Das gleiche gilt für die Gesellschaft. Solange wir von einer Welt ohne Krankheit träumen, ist jeder behinderte Mensch eine Negativ-Existenz, unnormal, regelwidrig; die Begegnung mit ihm beweist uns, daß wir’s noch immer nicht geschafft haben! Er ist eine Art Fossil aus einer Zeit, die wir doch endlich überwinden wollen; er stört unseren angenehmen Traum. Wir müssen diese Utopie unbedingt drangeben, nicht aus Resignation, im Gegenteil: Nur so ist es uns möglich, behinderten Menschen offen (ohne in irgendeiner Spielart an „das Böse“ zu denken) als normalen, uns ebenbürtigen Mitmenschen zu begegnen, in ihnen Menschen zu sehen, die wir vermissen werden, wenn sie nicht da sind. – Woher aber soll unsere Gesellschaft die Kraft gewinnen, sich von der liebgewordenen Utopie zu verabschieden, wenn sogar Kirche und Theologie den kindischen Traum von einer krankheitsfreien Welt nicht etwa stören, sondern ihn noch unterstützen, indem sie in Krankheit und Behinderung „das Böse“ sehen, das es im Auftrag Gottes zu bekämpfen gilt? So zeigt sich: Es wäre von enormer sozial-politischer Bedeutung, wenn es bei uns Christen eine ehrliche Reformation gäbe, eine klare Rückkehr zur befreienden Botschaft der Bibel und zur Schwung gebenden Kreuzestheologie Martin Luthers.


Anmerkungen:

1) Eberhard Jüngel, Das Opfer Jesu Christi als Sacramentum et Exemplum, in: Jahrbuch des Diakonischen Werkes der EKD, 86/87, S. 6ff, (Zitat: S. 20).- Vgl. dazu, aus katholischer Sicht: Rolf Zerfaß, Lebensnerv Caritas, (Herder) Freiburg, 1992, S. 15: „So scheint die zentrale Frage organisierter kirchlicher Caritasarbeit aus pastoraltheologischer Sicht darin zu bestehen, ob die Strukturen caritativer Hilfe verhindern oder ermöglichen, daß uns durch die Armen geholfen wird. Wo dies nicht möglich ist, wird auch den Armen durch uns nicht geholfen.“

2) Leben und Zeugnis der Behinderten in der christlichen Gemeinde. Memorandum einer Konsultation in Bad Saarow (DDR), April 1978; ursprünglich: epd-Dokumentation Nr. 36a/78; dann mehrfach, z.B. in: Jahrbuch des Diakonischen Werkes der EKD, 78/79, S. 227ff (Zitat: S. 228).

3) Ernst Wolf, Ordnung und Freiheit. Zur politischen Ethik des Christen, S. 39f.

4) Johannes Klevinghaus, in: Ernst Brinkmann, Hg., Heil und Heilung, Gedenkbuch für Johannes Klevinghaus, 1970, S. 61 f. (Hervorhebung von mir, U.B.).

5) Vgl. zu dieser These, im Blick auf andere Heilungsgeschichten, zum Beispiel: Ulrich Bach, Getrenntes wird versöhnt. Wider den Sozialrassismus in Theologie und Kirche, Neukirchen 1991, darin: S. 40-118 / „Gesunde“ und „Behinderte“, Gegen das Apartheidsdenken in Kirche und Gesellschaft, (Kaiser) Gütersloh 1994 (KT 134), darin: S. 100-121 / Gottes Heil und unser europäisches Apartheids-Denken, in: Reiner Degenhardt (hg. im Auftrag des DEKT), Geheilt durch Vertrauen, Bibelarbeiten zu Markus 9,14-29, (Kaiser) München 1992, S. 141-157.

6) Walter Grundmann, Das Evangelium nach Markus, in: Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament, EVA Berlin, 9. Aufl. 1984, S. 163f.

7) Wilfried Joest, Die Allmacht Gottes und das Leiden der Menschen, in: ders., Gott will zum Menschen kommen. Zum Auftrag der Theologie im Horizont gegenwärtiger Fragen, Gesammelte Aufsätze, Göttingen 1977, S. 150.

8) Reinhard Turre, Diakonik. Grundlegung und Gestaltung der Diakonie, Neukirchen 1991, S. 48.

9) Martin Dibelius, Die Formgeschichte des Evangeliums, 5. Aufl., Tübingen 1966, S. 63.

10) vgl. etwa: Frank Crüsemann, Das Alte Testament als Grundlage der Diakonie, in: Veröffentlichungen des Diakoniewissenschaftlichen Instituts an der Universität Heidelberg, Hg.: Theodor Strohm, Heidelberg; Band 2: G.K.Schäfer, Th.Strohm (Hg.), Diakonie – biblische Grundlagen und Orientierungen, Ein Arbeitsbuch zur theologischen Verständigung über den diakonischen Auftrag, 1990, S. 67-93: darin, S. 72: „Der eine Gott ist für alles verantwortlich und zuständig. Weil alles an ihm hängt, gilt ihm Klage und Anklage. Klagen sind Gebete.“

11) zum Beispiel: W. Grundmann, a.a.O.,  S. 162.

12) Josef N. Neumann, „Böse und behindert“: Zur Geschichte eines Vorurteils, in: Junge Kirche, 55. Jg., 1994, S. 215-217 (Zitat: S. 217).

13) ders., Die Mißgestalt des Menschen – ihre Deutung im Weltbild von Antike und Frühmittelalter, in: Sudhoffs Archiv, Band 76, Heft 2 (1992) (Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Sitz Stuttgart), S. 214-231.

14) zum folgenden vgl.: U. Bach, Kreuzestheologie und Behindertenhilfe, in: Pastoraltheologie, 73. Jg., 1984, S. 211-224, bes.: S. 221-224; auch in: Dem Traum entsagen, mehr als ein Mensch zu sein. Auf dem Wege zu einer diakonischen Kirche, Neukirchen 1986, S. 98-116 (113ff).

15) D Martin Luthers Evangelien-Auslegung, hg. von E. Mülhaupt, Göttingen, Band 1, 3.Aufl. 1957, S. 34f.

16) D. Martin Luthers Epistel-Auslegung, 4. Band: Der Galaterbrief (Hg.: H. Kleinknecht), Göttingen 1980, S. 302.

17) Ulrich Bleidick, Die Behinderung im Menschenbild und hinderliche Menschenbilder in der Erziehung von Behinderten, in: Zeitschrift für Heilpädagogik, 41. Jg., 1990 (Heft 8), S. 514-534, Zitat: S. 516.


Quelle: Ulrich Bach, Hauptsache gesund? Der Glaube an die Machbarkeit einer von Krankheit freien Welt, in: Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. (Hg.), Der Rede wert, Beiträge aus der Arbeit der Diakonie, Stuttgart, 1997